Nathaniel Wood | Instrumentenbauhilosophie

Die Herstellung historischer Blechblasinstrumenten: was, wie, und warum?

Das Ziel von heutigen Alte-Musik-SpezialistInnen ist die Musik frühere Zeiten zu wiederbeleben, und dadurch heutige Zuhörer ein Fenster zur musikalischer Vergangenheit zu vermitteln. Dafür sind nicht nur die richtige Noten notwendig, sondern auch die richtige, historisch orientierte Einstellungen, Wissen und Werkzeug. Ob es sich um einer Posaune, einer Geige, oder einer Orgel usw. händelt, die Instrumenten die wir spielen beeinflussen wie wir musizieren.

Wenn wir "historische" oder "authentische" Instrumenten zur Aufführung alter Musik verwenden wollen, wieso nur die halbe Strecke fahren? Wozu dienen Kompromisse? Wenn wir ein vergangenen Klangästhetik wiederherstellen wollen, brauchen wir auch das Werkzeug, dass ein Musiker aus der jeweilger Zeit auch kennen würde.

Ohne historische Instrumenten ist dieses einfach nicht möglich.

Jeder Kompromiss, jede Modernisierung die von heutige Alte-Musiker gemacht wird, opfert etwas an "authentizität" - und muss als solche auch erkannt werden, ob verchromter Posaunenzüge, mit Löcher versehene "Barock"trompeten, oder Venturikehlen an der Seele eines Mundstückes.

Wenn eine Posaunistin ein nachgebautes Mundstück ausprobiert, und findet dass es schwere ist, ohne kieksen zu spielen, ist die richtige Lösung nicht das Mundstück abzuändern, sondern daraus zu lernen - genauso wie Streicher lernen auf reine, gleichgespannte Darmseiten zu artikulieren, oder Holzbläser die spezielle Nuancen von Halblöcher, Gabelgriffe und historische Röhre entdecken. Noch ist es richtig, Löcher in ein Naturtoninstrument zu bohren, und das Instrument dadurch unnatürlich zu machen. Sondern der Musiker oder die Musikerin muss sich konsequent an einer historischer Ausrüstung widmen, und von diesem Anfang aus die Treffsicherheits-, Umfangs- und Intonationsherausforderungen zu meistern. Das Ergebnis ist ein transformiertes Spieltechnik, das zum gesagten Werkzeug und dadurch auch zur vorliegender Musik besser geeignet ist. Vielleicht ist die Lernkurve steiler, die erste Schritte schwieriger, aber die resultierende Einsicht und Flexibilität sind die zusätzliche Arbeit durchaus wert.

Ein gesängliches Weg zur Instrumentalmusik

Davon abgesehen dass die Musik der Renaissance und des Barocks tief in der Vokalmusik verwurzelt ist, und viel historisches Repertoire erfordert mischung mit, begleitung von, und/oder imitieren von der menschlicher Stimme, müssen wir auch ein gesängliches Weg zur Interpretierung dieser Musik folgen. Das heisst dass wir auf Text, Klangfarbe, Phrasenstruktur, Form und Richtung jeder Phrase, auf jedem rhetorischen Detail aufmerksam sein müssen. Historische Quellen zur Aufführungspraxis unterstüzten so eine vokales Konzept. Aber was bedeutet das konkret wenn es um die technische Anforderungen von dieser Musik für Blechblaser geht?

Unsere Ausgangspunkt ist das Colla-Parte-spiel, wo Instrumenten die vokale Stimmen verdoppeln. Unsere Aufgabe ist die Stimmen nicht nur klänglich sondern auch durch Textvorhebung zu unterstüzten. Wir müssen die Wörter musizieren. Natürlich sind Dynamik und Artikulation zwei der nötiger Mitteln, aber wenn wir auch Klangfarbe zur Vokalnachahmung ändern können, wird eine noch feinere Vokalunterstutzung möglich. Ein historisch gebautes Blechblasinstrument opfert in der Regel etwas an Stabilität und Klangeinheitlichkeit, die Flexibilität in Sachen Klangfarbe, Dynamik (besonders im Piano-bereich) und Artikulation zugüte. Eine weitere Palette für kunstvolles, nuanzenreiches Musizieren wird geöffnet. Die Herausforderung eines weniger "stabiles" Instrument lohnt sich im Kauf zu nehmen dank ans damit verbundenen, viel breiteren Klangspektrum ein solches Instrument anbietet.

Aus Luft wird Resonanz

Meine Erfahrung durch Jahren Konzerterfahrung und Experimentierung hat bestätigt, dass eine flexibler, transparenter Klang, sogar mit merklicher Nebengeräuch (Luft oder Zischen), wird in einer resonanten Akustik in wird in Klarheit und Präzens verwandelt, ohne eine polyphonisches Textur zu trüben. Ich bin überzeugt, dass Blechblasinstrumenten für Renaissance- und Barockmusik brauchen etwas Nebengeräuch im Klang. Das Luftzischen zu beseitigen verdrängt der Würzel von einem schönen, obertonreichen Resonanz den in einem lebendigen Akustik entfaltet. (Diese Instrumenten waren ja nicht für moderne, trockene Konzert- und Kammermusiksaale konzipiert; für solche Räume sind Kompromisse nötig.)

Im Kontext der Alta Capella, ein Instrument den bei niedriger Volume etwas lüftiger klingt, neigt frech und brilliant zu werden, wieder mit einem volleren Obertonstruktur den auch besser mit Schalmeien und Pommern mischt, wobei einen dunkleren, luftlosen (d.h. tendierend zu einem modernen Klangideal) ist problematischer hinsichtlich Klangmischung und Intonation. Die Posaune wirkt nicht mehr als "Doofen Cousin" der Ensemble. Weiterhin, die Response von einer solche Ausrüstung gibt den Musiker Impulse, anders zu artikulieren und zu phrasieren. Dieses verändert die Interpretierung auf einer Weise, die vielleicht auf einer Kompromissausrüstung nicht nähliegend wäre.

Ein gut gebautes Instrument nach historischer Modelle

...kann, meiner Meinung nach, wichtige Aufführungspraxisorientierung geben, die den Musiker zu einem historisch gegrundeter Vorgehensweise führen kann. Wenn eine Barockposaune wie eine moderner Jazzposaune kleiner Bohrung spielt, kann der Musiker keine neue Einblicke ernten; das Zweck eines historischen Instruments wird dadurch verloren. Es ist durch die originalgetreue, kompromissvermeidende Herstellung, dass ein authentisches Spielcharakter erzielt werden kann. Da es für mich um professionelle und künstlerische Integrität geht, werden nur Instrumenten, die meinem Konzept entsprechen gebaut.

Mein Ziel ist, dass jedes Instrument, den mein Werkstatt verläßt, nicht nur ein hervorragendes Werkzeug zum höchstgradigen Musizieren wird, sondern auch als guter und ansprüchsvoller Lehrmeister dient, den raffiniertes, geschmackvolles Musizieren fördert und schleichende Modernismen, die wir alle als moderne Interpreten alter Musik anfällig sind, auszujäten hilft.